Innovationen und globale Kräfte:
Die beiden jungen Biologen Oliver und Sabine Weisbrod-Steiner traten 2001 in den Betrieb ein und arbeiteten von Beginn weg als Jobsharing-Team. Sie bildeten sich zusätzlich in Management und Betriebswirtschaft sowie Kursen an der Textilfachschule weiter. Daraus resultierte die Einführung der Eigenmarke WEISBROD im Accessoire-Bereich mit in der Schweiz hergestellten Krawatten und Schals. Der Schritt direkt an den Markt war ein Wagnis, denn bis anhin war die Firma ein Zulieferer der grossen Marken im Modebusiness und agierte dezent hinter den Kulissen. Ausser den Kundinnen des Stoffladens kannte kaum jemand die traditionelle Textilfirma in Hausen am Albis. Doch der Schritt war nötig, denn die traditionellen Kunden aus der Mode in Europe verschwanden zusehends oder begannen grosse Mengen immer häufiger bei günstigeren Anbietern einzukaufen. Die Treue schwand.

Kreativität und Funktionalität
Es folgten diverse Projekte in Zusammenarbeit mit Hochschulen mit dem Ziel, neue Produkte lancieren zu können. Daraus resultierte die erste, speziell auf Seide ausgerichtete, schmutzabweisende Ausrüstung «cocoontec», die ersten mit Plasmatechnologie hergestellten Stoffe mit reiner Goldbeschichtung, Innendekorationsstoffe mit eingewobenen lichtleitenden Fasern als Gestaltungselement für Glasfassaden und die erste nach GOTS zertifizierte Bio-Seidengewebekollektion. Das wichtigste Standbein war jetzt die Innendekorationsstoff Abteilung, die hochwertige, kreative Stoffe für bekannte Marken entwickelte. Mit dem Trend der grösser werdenden Fensterflächen verlangte der Markt nach drei Meter breiten Stoffen, die in Hausen am Albis noch nicht hergestellt werden konnten. So wurden bei der Firma Boller-Winkler in Turbenthal solche Gewebe nach dem Design von Weisbrod-Zürrer hergestellt. In Hausen wurde ein neues Gebäude für eine weltweit einmalige Ausrüstungsmaschine für breite Stoffe gebaut – der heutige Stoffladen. Da 2007 Boller Winkler den Weberei-Betrieb einstellte, wurde deren Produktionsteil (Maschinen und Artikel) übernommen: Es entstand eine neue Halle in Hausen mit 18 über 3,5 m breiten Maschinen, somit eine der grössten breiten Jacquard-Webereien Europas.

Ende der Tradition in Hausen
2009 brach das Geschäft durch die Finanzkrise abrupt ein. Zwei schwierige Jahre konnten mit Kurzarbeit überbrückt werden, immer in der Hoffnung, der Umsatz würde sich erholen und die neuen Projekte Fuss fassen. Doch für die Firma, die hauptsächlich von Exporten lebte, kam es noch schwieriger. 2011 verteuerte der starke Schweizerfranken die Exporte zusätzlich und liess die Kunden zu günstigeren Anbietern abwandern. So wurde schweren Herzens entschieden, die Produktion einzustellen.

Neue Wege
Trotz aller Ernüchterung konnte die Fläche des Stoffladens in 7 Jahren zweimal verdoppelt werden. Er ist nunmehr der grösste Stoffladen seiner Art in der Schweiz.
Die Eigenmarke WEISBROD lebt ebenfalls weiter. Krawatten werden nach wie vor in der Schweiz beim Lernwerk in Turgi konfektioniert. Die Seidenstoffe werden bei einem langjährigen Partnerbetrieb in Como entwickelt und gewoben. Und über die Tochter-Gesellschaft J. Gasser & Co in Däniken werden Stoffe gehandelt. Die frei werdenden Räume im alten Fabrik-Areal in Hausen am Albis konnten mit einem durchdachten Konzept wieder vermietet werden. Das Weisbrod-Areal lebt!

Schweizer Seide
Durch das Engagement von Oliver Weisbrod im Vorstand des Vereines Swiss Silk wurde schon früh eine Verbindung zu diesem Pionierprojekt geschaffen. Serikultur in der Schweiz wieder anzusiedeln ist mehr als visionär und trotzdem gelungen. Weisbrod ist der erste Marken-Partner von Swiss-Silk und bietet seit 2014 Produkte aus in der Schweiz angebauter Seide an – auch im Online-Shop.